Umrundung Stormolla mit (Fast-)Umrundung Litlmolla


07. — 09. Juli 2024

Für die letzte Tour haben wir uns das Gebiet um Stor- und Litlmolla ausgesucht. Das hatten uns andere als sehr lohnenswert beschrieben. Zuvor mussten wir mal wieder einen Tag aussetzen, an dem es von morgens bis abends durchgehend waagerecht geregnet hat.

Als Stellplatz für unseren Bus wählen wir eine Ausweichstelle an der Straße zum Flughafen von Svolvär. Dort stehen schon einige Fahrzeuge, und im Gelände davor stehen auch ein paar Zelte. Nach dem total verregneten Tag gestern ist heute wieder Urlaubswetter angesagt: Sonne und eher kein Wind. Wir verfransen uns wieder zwischen kleinen Schären, genießen aber das Erkunden der Winkel und Ausprobieren, ob man einen Weg findet.

Die Westseite von Stormolla läuft von den hohen Bergen im Inneren zum Rand der Insel hin eher sanft aus. Das setzt sich auch unter Wasser fort, der Öyhellesund ist vergleichsweise flach und an seiner Engstelle sogar sehr flach. Dadurch verkehren hier keine Kreuzfahrtschiffe sondern nur Speedboote mit wenig Tiefgang, um Touristen in den nördlich gelegenen Trollfjord zu befördern. Auf dieser Seite der Insel ist die wesentliche Besiedlung, und hier verläuft auch ihre einzige Straße. 

Im Öyhellesund  wimmelt es von Seeadlern. Anfangs merken wir noch jede Sichtung an — später lassen wir sie einfach fast gelangweilt geschehen. Hier sichten wir auch Schweinswale, aber die hauen uns nicht aus den Socken.

Im Norden der Insel ist ein Fährhafen, dessen Fähre nach Digermulen auf  Hinnöy geht. Es soll ja ganze 16 Einwohner auf der Insel geben! Die müssen ja auch mal aufs Festland oder zurück auf ihre Insel. Und am Fährhafen steht ein Wohnmobil — d.h. es gibt auch Tourismus! Schließlich sind ja auch einige Wanderwege in den imposanten Berge der Insel vorhanden, die bestimmt nicht vorwiegend von den Eingeborenen genutzt werden. Ein Stück hinter dem Fährhafen ist eine tiefe, lauschige Bucht, wo wir eine ausgedehnte Pause machen und uns auf dicken Moospolstern ausruhen. Leider sind die Polster nicht ganz trocken...

Die Ostseite von Stormolla ist deutlich anders. Das Ufer wird hier wesentlich durch glatte Felsen geprägt, die mehr oder minder senkrecht ins Wasser abfallen. Der Fjord hier ist zwei- bis dreihundert Meter tief. Ein Anlanden ist auf weiten Strecken nicht möglich, manchmal einfach nur nicht ratsam. Auch der tiefe Einschnitt des Ullvagfjords macht da keine Ausnahme. Erst ganz im Süden — in der Gegend des einzigen Ortes Brettesnes, wo sich der Großteil der 16 Einwohner drängelt, gibt es wieder nennenswerte Anlandemöglichkeiten.

Die Angelmöglichkeiten in der Gegend hier müssen überdurchschnittlich gut sein, denn wir sehen immer mal wieder Ausflugsboote mit einer großen Anzahl angelnder Menschen an Bord. Auch die überaus vielen Seeadler sprechen dafür — nur unsere Ausbeute nicht, aber die ist vermutlich nicht repräsentativ. 

Wir sind erst mit den angebotenen Übernachtungsplätzen nicht wirklich einverstanden. Nach einigem Suchen finden wir aber eine Insel mit dem Namen Sandöya — Bingo! Diese Insel hat nicht nur die verführerischen Attribute all ihrer Namensschwestern, sondern verwundert auch durch die Tatsache der vollkommenen Insektenfreiheit! Fast fehlt uns etwas.

Die gründliche Umrundung von Stormolla belief sich auf 34 Kilometer. Das war bei dem herrschenden Wetter überhaupt kein Problem. Am folgenden Tag wollen wir nur eine "kleine" Tour machen, Litlmolla umrunden, und wenn uns das nicht reicht, auch noch Skrova kurz mitnehmen. Leider ist das Wetter heute nicht mehr ganz so lieblich. Es ist Wind zwischen vier und fünf Beaufort aus südwestlicher Richtung angekündigt und etwas Regen. Da wir nach unserer "kleinen" Spritztour ein zweites Mal auf unserer Sandöya übernachten wollen, fahren wir heute erstmals mit quasi leeren Booten.

Zwischen den beiden Mollas sind wir in noch sehr geschützten Gefilden unterwegs. Dass wir beim Passieren der flachen Halbinsel Björneröya, die sich von Litlmolla aus nach Osten reckt, den Wind im Gesicht haben werden, ist uns bewusst. Auch, dass uns ausgewachsenes Kabbelwasser erwartet, wenn wir dessen Südende passieren. Wir fahren sogar noch ausgesprochen nahe an den senkrechten Felswänden entlang, um das erratrische Gespritze und Geschaukel zu genießen. Erst als wir unsere Nasen über die Südostspitze von Litlmolla recken und den offenen Vestfjord voller weißer Schaumkronen vor uns sehen, lassen wir den lieben Gott einen guten Mann sein und ziehen uns erst mal in die nahegelegene, geschützte Bucht Keila zurück.

Manchmal wirkt eine Pause Wunder. Aber es ist genau 12 Uhr — und abwechselnde Blicke auf die Seekarte, die aktuellen Winddaten und die immer weißer werdende See vor uns lassen keine durchgreifende Entspannung der Lage erkennen. Wir lassen die Umrundung Umrundung sein und Skrova liegen, wo es ist und verständigen uns auf einen geordneten Rückzug. Diesmal wollen wir versuchen, die senkrechten Felswände so weit von uns wegzuhalten, wie wir können.

Das ist leichter gesagt als getan. Es herrscht mittlerweile Windstärke sechs, in Böen sieben. Die See geht gut anderthalb Meter hoch (gefühlt sind es zwei!) und wird natürlich von den Felswänden reflektiert. Wir versuchen, so gut es geht, nah beieinander zu bleiben und den kritischen Bereich so zügig wie möglich zu verlassen. Im Wesentlichen sind wir damit beschäftigt zu verhindern, dass wir ins Surfen kommen. Zwar sind wir beide durchaus in der Lage, die herrschende Bedingungen paddeltechnisch zu kontrollieren, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir eine Kenterung mit missglückter Rolle souverän meistern könnten. Grundsätzlich haben wir die Fähigkeiten dafür — aber ich weiß, dass wir das noch nie unter solchen Bedingungen praktiziert haben. Das bereitet mir deutliches Unbehagen.

Die Fahrt zurück zum Flugplatz am nächsten Tag erfolgt wieder unter Bedingungen, bei denen man auch mit einer Luftmatratze sicher unterwegs sein könnte. Weil die schiere Entfernung nicht viel hergibt und um paddlerisch wenigstens etwas vom Tag zu haben, fahren wir wieder durch das nahe Schärenlabyrinth. Das versichert uns nochmal, dass sich die Sache mit den Sackgassen zwar etwas verlagert aber nicht grundlegend gebessert hat. Dafür kreuzt hier eines der übermotorisierten Speedboote auf — vollbesetzt mit Passagieren, die aufwendig in Trockenanzüge und Schwimmwesten gezwängt wurden. Am Himmel tauchen auffällig viele Seeadler auf und fangen an, das Boot zu umkreisen. Und siehe da: man wirft mit Fischen um sich, und die Adler sammeln sie im Wettstreit miteinander wieder ein!

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