Man muss schon genau hinsehen, um zu erkennen, dass die Luke randvoll mit Wasser ist |
Als ich am zweiten Tag unserer ersten Tour in der Mittagspause meine Stulle aus der Tagesluke geholt habe, habe ich den Deckel danach nur lose auf den Rahmen gelegt.
Als nach dem Anlanden auf Vikaröya mein Blick darauf fiel, blieb mir fast das Herz stehen. Was ich bis heute nicht verstehe, ist die Tatsache, dass der wirklich nur lose aufgelegte Deckel die gesamte turbulente Überfahrt an seinem Ort geblieben ist und sich nicht irgendwo unterwegs in die Tiefen der Norwegischen See verabschiedet hat.
Meine Tagesluke schließt (im Prinzip!) so dicht, dass ich loses Babypuder darin fahren kann und es am Ende immer noch staubt. Wenn man aber mit nur lose aufgelegtem Deckel fast drei Stunden in lebhaftem Wasser unterwegs ist, hilft alles nichts. Das Schott war exakt bis zum oberen Rand geflutet! Mir war sofort die erbarmungslose Konsequenz dieses Lapsus bewusst: hier verstaue ich all die Ausrüstungsgegenstände, die unter keinen Umständen nass werden dürfen!
Mit jedem triefenden Gegenstand, den ich aus dem Schott fische, wächst meine Depression. Als erstes kommt mein Buch zum Vorschein: "Der stille Held Tom Crean" von Michael Smith. Ein wunderbares Buch, das sich nun etwa doppelt so dick und fünfmal so schwer zeigt. Dass Klopapier und Zunder den ihnen zugedachten Zweck in ihrem aktuellen Zustand schwerlich würden erfüllen können, ist noch zu verschmerzen. Auch mein Reisepass hat nur optisch gelitten, würde aber noch ohne Abstriche zu gebrauchen sein.
Die Ersatzakkus für die Kamera brauche ich nicht mehr, wenn die Kamera eh tot ist, aber die für die GoPro wären schon hilfreich gewesen. Bei meinen zwei mitgeführten Powerbanks war ich vornehmlich dankbar, dass sie sich vollkommen stillschweigend von dieser Welt verabschiedet haben. Als ich sie zu Hause fachgerecht entsorgen und dafür das Plastikgehäuse entfernen wollte, habe ich mit dem dafür benutzten Küchenmesser für den Bruchteil einer Sekunde einen Kurzschluss im Inneren erzeugt, so dass die Powerbank spontan in Flammen aufging. Obwohl ich das Teil sofort in die Edelstahlspüle geworfen und mit einem nassen Lappen bedeckt habe, hat das die Flammen nicht beeindruckt. Unsere Küche stank noch mehrere Tage danach. Hätte sich eine meiner Powerbanks dazu entschlossen, während der Fahrt im Kajak abzufackeln, wäre ich untergegangen!
Die Stirnmlampe ist etwas wassergeschützt und funktioniert sogar noch. Allerdings benötigt man sie auch nicht wirklich, wenn man zur Zeit der Mitternachtssonne unterwegs ist 😐. Der Autoschlüssel hat zum Glück eine Dichtung, so dass er weiterhin funktionsfähig ist. Mit dem Smartphone fällt natürlich ein wesentlicher Ausrüstungsgegenstand weg, was einen echten Einfluss auf die Sicherheit unserer Tour hat.
Zum Glück nehme ich wegen der zentralen Bedeutung ja immer mehrere Feuerzeuge mit — falls mal eines ausfällt. Ich hatte insgesamt fünf Stück dabei! Leider funktioniert nur noch eines und das auch nur manchmal. Wirklich gerettet hat uns, dass ich auch einen Magnesium-Stab zur Funkenerzeugung dabei habe! Meine Teebeutel sind zwar auch stark gebeutelt, aber sie lassen sich durchaus noch bestimmungsgemäß und ohne merklichen Genusseinbruch verwenden. Lediglich das Müsli ist hin!Fazit unterm Strich: Zum Glück konnte ich das Buch noch zu Ende lesen. Allerdings dauerte das Umblättern länger als das Lesen. Am Ende musste ich es entsorgen, weil es nie im Leben wieder trocken geworden wäre. Im Bus hatte ich noch meine dritte und größte Powerbank dabei und als Ersatz für mein Smartphone mein Tablet, in dem auch eine SIM-Karte steckt. Die SIM-Karte des Handys hat zum Glück noch funktioniert, was auch sehr hilfreich war. Außerdem hatte ich am Bus noch mein "richtiges" Feuerzeug dabei, so dass wir auch nicht wirklich auf die etwas unkomfortable Funkenerzeugung mit dem Magnesiumstab angewiesen waren. Es blieb also beim Verlust einer halben Tüte Müsli — und unterm Strich verzichtbarer Elektronik im Wert von 800 Euro!
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